Ostkurdistan
1907: (31.8.) Abkommen zwischen Russland und England über die
Aufteilung der Interessenssphären in Persien: Nordpersien kommt unter
russische, Südpersien unter englische Kontrolle. Die Mitte Persiens wird
als gemeinsame Interessenszone definiert.
1914-1918: Während des Ersten Weltkrieges revoltieren die
Bewohner der kurdischen Provinzen Gîlan und Urmiyê und erklären sich zu
unabhängigen Teilstaaten.
1920: Beginn des Aufstands von Simko, einem kurdischen Führer aus
Urmiyê. Als sich aufgrund eines Abkommens die sowjetischen Truppen 1922
aus dem Gebiet zurückziehen, marschiert die iranische Armee ein und
zerschlägt den Aufstand. Die Truppen Simkos fliehen zu anderen
kurdischen Stämmen der Region.
1921: Vertrag mit der Russischen Sowjetrepublik beinhaltet das
Versprechen des Iran, Neutralität zu wahren. Die Russ. Sowjetrepublik
verzichtet dafür auf alle Sonderrechte und Konzessionen auf iranischem
Gebiet.
1925: Reza Schah Pahlewi, erblicher Schah von Persien, errichtet
neu die Dynastie der Pahlewi. Er führt einige Reformen durch. Sein
Versuch, einen Ausgleich zwischen Volk und Oberschicht zu erreichen,
misslingt. Traditionelle Stammesstrukturen und kurdische Kleidung werden
verboten.
1926: Erneuter Aufstand unter Simko.
1930: Simko wird bei Verhandlungen mit Vertretern Teherans
ermordet.
1933: Ein Vertragsabschluß mit der britisch-persischen
Ölgesellschaft über Nutzungsrechte schränkt die Fördergebiete ein und
erhöht die Abgaben an die persische Zentralregierung.
1937: Vertrag von Saadabad. Friedensvertrag zwischen dem
schiitischen Iran und den sunnitischen Staaten Türkei, Irak,
Afghanistan. Beinhaltet auch ein koordiniertes Vorgehen gegen die
kurdischen Freiheitsbestrebungen.
1939: Gründung der Partei „Freiheitsliebendes Kurdistan" (Azadî
chuwazî Kurdistan). In ihrem Programm fordert die Partei das
Selbstbestimmungsrecht für die Kurden.
1941: Einmarsch russischer und britischer Truppen. Die Partei
„Freiheitsliebendes Kurdistan" veröffentlicht zur Begrüßung ein
Flugblatt. Schah Reza dankt ab. Sein Sohn Mohammed wird sein Nachfolger
auf dem Thron.
1942: Auflösung der Partei „Freiheitsliebendes Kurdistan". Am
16.9. desselben Jahres gründet sich die Jiyanawa e Kurdistan, die
Auferstehungspartei Kurdistans, kurz JEKAF. Ihr politisches Programm
lautet: „Was man den Kurden durch Gewalt weggenommen hat, können die
Kurden nur durch Gewalt zurückbekommen".
1945: Umbenennung der JEKAF in die Demokratische Partei
Kurdistans - Iran, KDP- I.
1946: Am 22. Januar wird die erste Kurdische Republik von Mahabad
ausgerufen. Präsident ist Qazi Mohammed. Mustafa Barzanî wird
Verteidigungsminister.
(Mai) Abkommen zwischen der UdSSR und dem Iran. Im Gegenzug für
Nutzungsrechte iranischer Ölfelder erklärt sich die UdSSR bereit, ihre
Truppen aus dem kurdischen Siedlungsgebiet abzuziehen.
1947: Zerstörung der Republik von Mahabad durch den Einmarsch
iranischer
Truppen, die von britischer Luftwaffe unterstützt werden. Qazi Mohammed
wird am 31.3. gemeinsam mit seinen Kabinettsmitgliedern auf dem
Car-Cira-Platz (Platz der vier Laternen) erhängt.
Der alte Mullah Mustafa Barzanî, Armeechef der Republik Mahabad, kann
sich mit einigen hundert seiner Partisanen in die UdSSR absetzen. In den
folgenden Jahren werden kurdische Schulen geschlossen, die kurdische
Sprache wird verboten, jede Veröffentlichung verfolgt. Ebenso wie in
anderen Teilen Kurdistans kommt es zu Massenverhaftungen und
Zwangsdeportationen. Ostkurdistan (Kurdistan-Iran) wird zu „einem
riesigen Gefängnis", wie es Qasimlo beschreibt, der später
Generalsekretär der erneuerten KDP-Iran wird. Die KDP-Iran kann nur aus
dem Untergrund heraus agieren.
1955: (23. Februar) Im Abkommen von Bagdad beschließen die
Türkei, Iran, Irak und Pakistan, jeden Aufstand, der auf dem Gebiet
eines der Staaten ausbrechen sollte, gemeinsam niederzuschlagen. Anfang
April tritt England dem Abkommen bei. Die USA nehmen bei den Treffen
einen festen Beobachterstatus ein. Die Vereinbarung wird von der
iranischen und irakischen Armee sofort bei der Niederschlagung des
Aufstandes von Djuwanroj umgesetzt. Qasimlo wird Generalsekretär der
KDP-Iran.
1956: Der in einer unzugänglichen Gebirgsregion nördlich von
Kermanshah, nahe der irakischen Grenze lebende Stamm Djuwanroj
widersetzt sich den Anordnungen der Zentralregierung in Teheran. Mit
massiven Militärkräften inklusive Luftwaffe werden die Djuwanrojs in die
Berge vertrieben, ihre Festung wird bombardiert und völlig zerstört.
1959: Ein kurdischsprachiger Sender von Radio Teheran versucht,
Kollaborateure unter den Kurden anzuwerben. Nach außen hin vermittelt
der Sender eine Freiheit für Kurden, die es im Land tatsächlich nicht
gibt. Im gleichen Jahr beginnt ein militanter Flügel der KDP-Iran in der
Gegend um Mahabad, Banah und Zerdesht mit dem Guerillakampf gegen den
„Pfauenthron". Mustafa Barzani von der kurdischen Schwesterpartei stellt
sich an die Seite des Schah und bekämpft die ehemaligen Weggenossen der
KDP-Iran.
1962: Erstmals wieder Aktivitäten der weitgehend im Untergrund
arbeitenden KDP-Iran durch Sammeln von Spenden (Geld, Nahrung, Kleidung)
für die Peshmerga der KDP-Irak von Barzanî.
1967/68: Spaltung innerhalb der KDP-Iran: Eine von den Ideen der
weltweiten nationalen Befreiungsbewegungen, besonders von Che Guevara
beeinflusste Gruppe kritisiert die passive Haltung der Partei und deren
enge Anbindung an die KDP-Irak, die massive Unterstützung vom persischen
Schah erhält. Die Gruppe kehrt in den Iran zurück und bildet bewaffnete
Guerillaeinheiten. Im Frühjahr 1968 werden ihre führenden Kader,
darunter der Priester Mala Avara, der Student Abdullah Moinî und der
Elektroingenieur Sharif Zadeh getötet. Die Peshmerga der KDP-Irak von
Barzanî beteiligen sich zusammen mit der persischen Armee aktiv an der
Verfolgung der revolutionären Gruppe. Die folgenden Jahre sind geprägt
von staatlicher Unterdrückung iranischer Kurden, während die irakischen
Kurden unter Barzanî von Teheran stark unterstützt werden. Das
Verhältnis zwischen den beiden kurdischen Parteien entspannt sich leicht
mit der Autonomievereinbarung in Südkurdistan (11.3.1970).
1973: Beim 3. Parteikongress der KDP-Iran gibt es heftige
Auseinandersetzungen über die Haltung gegenüber der KDP-Irak und Mustafa
Barzanî. Nicht wenige Parteimitglieder gehen auf Distanz zur KDP-Irak.
1975: (5. März) Eine Vereinbarung zwischen dem Schah von Persien
und dem damaligen Vize-Premierminister Saddam Hussein führt zur
Einstellung der iranischen Waffenhilfe an die irakischen Kurden (Vertrag
von Algier). Der bis dahin starke kurdische Widerstand im Irak bricht
zusammen, die Führung und zehntausende kurdische Peshmerga- Familien
fliehen in den Iran.
1977: Erste Protestaktionen von Bauern gegen Grundbesitzer, u.a.
auch Landbesetzungen.
1978: Rückkehr der Führung der KDP-Iran aus dem Exil. Im Januar
blutige Unruhen in Täbriz.
1979: (Januar) Sturz des Schahs von Persien. Am 1. Februar kehrt
Khomeini aus dem französischen Exil zurück nach Teheran. Große
Demonstrationen der Kurden in Mahabad, Sine und Kermanshah haben mit zum
Sturz beigetragen. Beginn des Mullah-Regimes. Gründung von
Revolutionsräten in den kurdischen Gebieten. Bewaffnete Volksmilizen.
Erscheinen vieler kurdischsprachiger Publikationen, was 30 Jahre
verboten war. Die neue iranische Verfassung sieht keinerlei Rechte für
die Kurden oder andere Völker im Iran vor. Im August macht die iranische
Armee mobil gegen die kurdische Administration. Die Kurden kündigen
Widerstand an. Für Khomeini sind die Kurden „Kinder des Satans".
1980: (23.9.) Beginn des achtjährigen 1. Golfkrieges zwischen dem
Iran und dem Irak.
1981/82: Kämpfe zwischen iranischen Soldaten und Einheiten der
Ostkurdischen Guerilla. Eine besonders brutale Rolle spielen dabei die
Revolutionswächter. Shêx Ezzedin Housseinî, ein geistlicher Führer der
Kurden im Iran, bittet den Papst Johannes Paul den Zweiten um
Unterstützung für die Kurden.
1983: Gründung der KP-Iran / Komala
1984: Kämpfe zwischen der KDP-Iran und der KDP-Irak in den Bergen
des Dreiländerecks Irak - Türkei - Iran.
1985-1988: In diesen Jahren kommt es zu Vermittlungsgesprächen in
Teheran zwischen der KDP-Irak und der PUK, an denen sich sowohl die
iranische Regierung als auch kurdische Führer des Iran beteiligen.
1988: (März) Spaltung der KDP-Iran. Es gibt unterschiedliche
Ansichten zum Verhalten gegenüber der iranischen Zentralregierung:
Während die einen für Verhandlungen eintreten, lehnen die anderen solche
Gespräche - zu dem Zeitpunkt - rigoros ab. Es gründet sich neben der
KDP-Iran die KDP-Iran, Revolutionäre Führung.
(Mai) Es kommt zu einem Waffenstillstand zwischen Teheran und den
iranischen Kurden der KDP-Iran. (18.7.) Teheran akzeptiert die
UN-Resolution 598 ohne Bedingungen. Der achtjährige Krieg zwischen Iran
und Irak ist beendet.
1989: (14.7.) Tödliches Attentat auf den Generalsekretär der
KDP-Iran, Abdulrahman Qasimlo, in Wien.
Zusammen mit zwei weiteren kurdischen Vertretern hatte er sich mit einem
inoffiziellen Vertreter der Teheraner Regierung getroffen.
1991: Auf der Flucht vor irakischen Truppen kommen mehr als
300.000 Kurden in den Iran.
1992: (17.9.) Treffen der Sozialistischen Internationale in
Berlin. Beim sogenannten Mykonos-Attentat kommen der Generalsekretär der
KDP-Iran, Sadagh Sherefkandî, sowie drei Begleiter ums Leben. Das
Attentat wurde vermutlich im Auftrag der iranischen Regierung
ausgeführt. |